Als ich im April 2021 nach langem Überlegen mit Pupplay angefangen habe, war ich mir nicht sicher, ob ich es mit anderen zusammen machen will. Aber in Köln, Düsseldorf, Duisburg, Essen und Berlin schien ich zunächst mit offenen Armen empfangen zu werden. Doch nur ein Jahr später hatte sich das als Farce erwiesen.
Mit Autismus hat man es in Deutschland sehr schwer, mit Depressionen und Angststörungen ebenso. Die gewisse Anonymität der Hood scheint leider immer wieder Leute dazu zu bewegen, ihren Anstand ins Bodenlose fallen zu lassen. Schon bald fingen sie an, Gerüchte und Lügen zu erzählen. Offenbar hatten sie nur nach dem nächsten Opfer gesucht, das sie fertig machen konnten. Und wie es zu erwarten war, wurden ihre Lügen geglaubt. Wie es mir ging, hat kaum jemanden interessiert. Es ging nur darum, mich zu beleidigen und zu verachten. Vermeintliche Freunde haben mir den Rücken zugedreht und sogar in die Lügen und Beleidigungen eingestimmt. Dabei wurden auch zahlreiche Vorurteile bedient. Dass Autisten keine Gefühle hätten zum Beispiel.
Die Hood macht es nicht nur leicht, sich selbst ein Gefühl von Anonymität zu geben. Sie macht es auch leicht, andere zu entmenschlichen. Ich war für die Hetzer nicht mehr ein Mensch, sondern nur noch „der Autist“, „der Gestörte“, „der Geisteskranke“, „der Asoziale“. Nur wenige haben die Lügen über mich angezweifelt und sich näher mit mir beschäftigt. Ich habe von fast allen Menschen, die sich den reißerischen Lügen verwahrt haben, gesagt bekommen, dass diese Lügen nicht stimmen und sie sich selbst davon überzeugt haben.
Genau das ist das Problem: Es ist leicht, Gerüchte und Lügen über jemanden zu verbreiten, den man nicht kennt und auch nicht kennenlernen will. Und mit den Lügen hält man sehr effektiv andere davon ab, diese Person kennenzulernen. Offenbar wissen die Lügner ganz genau, was sie tun. Ihre Versuche, andere davon abzuhalten, diese Lügen zu hinterfragen, zeugen von ihrer Angst und ihrer Schwäche.
Nicht nur durch die Anfeindungen gegen mich, auch durch zahlreiche andere Vorfälle hat sich für mich das Bild von so vielen so tief zerstrittenen Personen ergeben, dass von „einer“ deutschen Puppy-Community eigentlich keine Rede sein kann. Es bestürzt mich sehr, wie viele Leute für den Geltungsdrang von wenigen geopfert werden. Dabei kann es am Ende nur Verlierer geben. Ich habe mich deshalb nach anderen Spaces umgeschaut, in denen Akzeptanz tatsächlich gelebt wird, zum Beispiel in den Niederlanden oder Norwegen. Vor allem ist der Austausch zwischen verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Gegenden in diesen Ländern intensiver. Ich gehe deshalb lieber seltener auf Veranstaltungen, mache dafür aber umso hochwertigere Erfahrungen.
Das Versprechen einer offenen, akzeptierenden deutschen Puppy-Community hat sich für mich bestenfalls als bloße Fassade, schlimmstenfalls als große Lüge und Ponzi-Plan herausgestellt. Haben zu viele Leute unter der Hood ihre Menschlichkeit verloren? Darauf habe ich keine Antwort. Ich sehe aber, dass seit vergangenem Jahr immer mehr Leute ihre Unzufriedenheit mit den Zuständen äußern und deswegen mitunter sogar ganz mit dem Pupplay aufhören wollen.
Auch ich frage mich, ob ich nicht lieber von Anfang an bei mir selbst hätte bleiben sollen, sodass mir sehr viel Ärger erspart geblieben wäre. Dass diese Situation aber von einer zunehmenden Zahl an Leuten nicht mehr stillschweigend hingenommen wird, gibt mir die Hoffnung, dass das kollektive Versprechen, das wir Einsteigern ins Pupplay immer wieder geben, doch noch erfüllt werden kann.
Ohne die Lügen, den Hass, den Ärger würden wir es uns allen leichter machen. Und auch die Mobber werden schließlich einsehen müssen, dass es für sie selbst besser ist, andere in Ruhe zu lassen anstatt ihnen das Leben schwer zu machen. Ich glaube, wer anderen das Leben schwer macht, macht sich das eigene Leben auch schwer. Und so widersprüchlich es auch klingt, aber damit wir alle die Puppies sein können, die wir sein wollen, brauchen wir mehr Menschlichkeit füreinander. Und für Menschlichkeit ist es nie zu früh.
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Vielen Dank für diese erste wunderbare und sehr gut zusammenfassende Geschichte. Ich bin ja nun schon ein paar Jahre in der Community unterwegs und habe, u. A. aus oben genannten Gründen, mich auch nach einiger Zeit sehr weit davon zurückgezogen. Oft ist der erste Eindruck, dass alle Willkommen sind.
Doch schnell merkt man oft, gerade wenn man nicht so funktioniert wie andere, dass man gar nicht mehr so willkommen ist.
Auch ich habe dahingehend meine gewissen Erfahrungen, die ich auch im Rahmen dieses Projekts teilen werde, und es fällt mir auch schwer diese Ausgrenzungsthematik und Entmenschlichung zu verstehen.
Klar: Wir können und sollen uns nicht alle lieb haben. Auch müssen wir nicht alle miteinander im Bett landen oder Freunde werden. Wir müssen nicht jeden mögen. Aber Respekt gegenüber allen sollte möglich sein. Es tut uns nicht weh, sich mit jemanden zu unterhalten. Oder einen Menschen besser kennenzulernen, bevor man über ihn urteilt.
Nur wer selbst unberechtigt respektlos ist, darf keinen Respekt erwarten. Aber genau diese Menschen erwarten viel zu viel davon, während jene, die neu hinzukommen, anders sind, gar keine Chance bekommen, respektvoll behandelt zu werden.
Wann lernen wir, neutral mit neuen Bekanntschaften umzugehen? Wann lernen wir, Autismus nicht mehr in Schubladen einzustufen? Ich möchte an dieser Stelle einen Freund zitieren.
»Kennst du einen Autisten, kennst du EINEN Autisten.«
Nicht jeder Autist ist gleich. Nicht jeder hat die gleichen Begrenzungen. Doch eines haben alle Autisten verdient: Respekt! So wie jedes andere Mitglied unserer Community und unserer Gesellschaft auch.
Gerry
P.S.: Und jeder der Respekt erwartet, sollte ihn auch erweisen können.